Allgemein


Bericht des Jahrgangs 2018

Unser Flugzeug war kaum in Washington gelandet, da twitterte der amerikanische Präsident Donald Trump, er werde einen neuen Verfassungsrichter ernennen und gegen Europa wegen seines Handelsdefizits und der geringen Beiträge zur Nato vorgehen. Der Kalender zeigte den 8. Juli 2018. Und so kamen wir in eine Stadt, die in einer Weise zerrissen war, wie vielleicht noch nie in der Geschichte des Austauschprogramms der Konrad-Adenauer-Stiftung und des American Jewish Committee. Eine Stadt, in der sich viele Amerikaner für ihren Präsidenten bei uns entschuldigen wollten, oder – ganz innenpolitisch – selbst in der Sorge lebten, was eine Neuordnung des Verfassungsgerichts und alle anderen politischen Umstürze für ihr Leben bedeuten könnten. Ein Land auch, in dem der jüdische Austausch nicht mehr nur unter dem Eindruck der Vergangenheit steht, sondern auch unter dem Einfluss einer hitzigen Migrationsdebatte auf beiden Seiten des Atlantiks. Willkommen im Trumpschen Zeitalter.

Das Flugzeug verließen wir in einem gewissen Rauschzustand aus leichter Übermüdung, Euphorie und Tatendrang, ein Zustand, der eine Woche anhalten sollte. Der erste Tag in Washington, ein Montag, galt der Hauptstadtpolitik. Im Senate Foreign Relations Committee und der Bipartisan Task Force for Combating Antisemitism diskutierten wir über die gegenwärtige Schwäche des amerikanischen Kongresses, über Perspektiven nach den anstehenden Halbzeitwahlen, über Antisemitismus in Amerika und Europa – und über den Zwiespalt, den die Trump-Regierung für amerikanische Juden bedeutet: Einerseits Israel-freundlich, andererseits ambivalent gegenüber heimischen Rechtsextremen, zu denen auch Antisemiten zählen. Zwei Refrains prägten sich uns schon am ersten Tag ein wie Ohrwürmer. Der eine, eher komisch: Die notwendigen, aber immer wiederkehrenden Vorstellungsrunden bei allen Treffen, bei denen wir Teilnehmer Dutzende Male unseren Lebenslauf referierten, so oft, dass unsere Ko-Teilnehmer diesen schon mitsprechen konnten. Der andere, ganz ernst: Die Botschaft der amerikanischen Gesprächspartner, dass Trump nicht für das amerikanische Volk stehe. Dass die Vertreter vieler amerikanischer Institutionen weiter fest verankert seien im Parlamentarismus, der Demokratie und dem transatlantischen Verhältnis. Dass, wenn die Dinge hart auf hart kämen, auch ein Nato-Bündnisfall nach Artikel 5 in den baltischen Staaten von Republikanern und Demokraten im Kongress durchgesetzt würde, ganz gleich, wer im Weißen Haus sitze. Es waren Worte, die mit großem Ernst und Eindringlichkeit gesprochen wurden. Am Nachmittag folgte eine Podiumsdiskussion mit jüdischen Interessensvertretern von der American Jewish Committee, dem American Israel Public Affairs Committee und der Anti Defamation League. Die drei Organisationen schienen die ganze Bandbreite abzubilden, von der oft kulturellen Arbeit des AJC, über die oft empirische Aufklärungsarbeit der ADL bis hin zum stärker politischen Profil von AIPAC. Der Bekanntheit seiner Organisation wegen wurde besonders der AIPAC-Vertreter Stephen Schneider mit Fragen gelöchert, und seine Mischung aus Direktheit und Freundlichkeit blieb in Erinnerung. Am Abend folgte ein Empfang der Konrad-Adenauer-Stiftung, bei der der Europapolitiker Elmar Brok als Gastredner sprach, von dem ohnehin gesagt wird, er sei stets überall. Brok war auch hier. Und erklärte in seiner Rede, wie eine Entgegnung Europas auf die Forderungen Trumps nach einer Erhöhung der Wehretats aussehen könnte. Ein Argument: Der Beitrag Europas zum Bündnis durch die Flüchtlingsaufnahme, durch die Entwicklungshilfe in Afrika und dem arabischen Raum und durch die Beteiligung an Nato-Operationen müsse berücksichtigt werden.

Dienstag. Während der Montag ganz im Zeichen aktueller Politik stand, sollte es nun um die Geschichte gehen, das also, was den Austausch so wertvoll macht: die Freundschaft vor dem Hintergrund der Schoa. Am Dienstag besuchten wir das Holocaust-Museum. Es war ergreifend, in einem der Güterwaggons zu stehen, die nach Auschwitz fuhren, oder im fernen Washington auf einer Landkarte das Nazilager im eigenen Heimatstadtteil in Frankfurt-Rödelheim zu sehen. Jeder hatte seinen eigenen Ort im Museum, der ihm naheging. Und obwohl den Deutschen die Orte der Verbrechen viel näher sein könnten, zum Beispiel weil sie diese selbst schon besucht haben, gelingt es dem Holocaust-Museum in Washington, diese Distanz zu überbrücken, sodass man im Nachhinein fast das Gefühl haben konnte, man habe gerade eine Gedenkstätte wie Buchenwald besucht. Einhelliges Lob für die Museumspädagogik war von den Teilnehmern zu hören. Und natürlich das immer wiederkehrende Lob für die phantastische Organisation der ganzen Reise durch Alyssa Lynn vom American Jewish Committee. Am Nachmittag erlebten wir eine Podiumsdiskussion mit drei klugen politischen Köpfen: Jonathan Katz vom German Marshall Fund, Jeff Gedmin von der Future Europe Initiative und Mike Abramowitz von Freedom House. Die Debatte über das transatlantische Verhältnis unter Trump war lang und engagiert, gegen Ende fiel ein Satz, der in Erinnerung bleibt: Europa kann nichts tun, um einen innenpolitisch motivierten Präsidenten einzuhegen. Weder die kumpelhafte Art des französischen Präsidenten Emmanuel Macron noch die rationale Sachlichkeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel haben Wirkung gezeigt. Europa kann nur versuchen, die destruktiven Entwicklungen zu verzögern, in der Hoffnung, dass eines Tages wieder sorgfältig abwägende Außenpolitiker an der Macht sind. Eines Tages. Am Abend folgten Einladungen bei jüdischen Familien in Washington, aufgeteilt auf vier Wohnzimmer. Während bei den einen über Skiurlaube und Geschäftsmodelle amerikanischer Radiologen gesprochen wurde, entspann sich bei anderen eine Kontroverse über die deutsche Flüchtlingspolitik. Warum sollte ausgerechnet Deutschland, mit der Geschichte des Holocausts, nun hunderttausend Flüchtlinge aus Ländern aufnehmen, in denen Antisemitismus weit verbreitet ist?, lautete sinngemäß eine der Fragen. Es ging heiß her. Was sollte ein Land, das aus der Geschichte gelernt haben will, denn sonst tun?, lautete sinngemäß eine der Gegenfragen. Erkenntnis: Je weiter der Holocaust sich zeitlich entfernt, umso mehr treten aktuelle Fragen in den Mittelpunkt des Austauschs. Aber die Geschichte wirkt in allem nach.

Mittwoch, Abreise nach New York. Die Tage flogen an uns vorbei. Koffer ins Hotel, Kleidung wechseln, im Fahrstuhl hoch, im Fahrstuhl runter, in den Bus zum Hauptquartier des AJC, zur nächsten Gesprächsrunde. Überhaupt: Immer schnell zum nächsten Ort. Und das alles in einem Jetlag-Taumel. Auch das gehört zum Eindruck der Woche, die wie im Fenster eines fahrenden Zuges vorbeizog. So verwundert es auch nicht, dass die eine Veranstaltung am Nachmittag des Mittwochs zum Thema jüdischer Identität nur in verschwommener Erinnerung geblieben ist. Vielleicht auch deshalb, weil genau das Gehirnareal am Abend von etwas Eindringlicherem überschrieben wurde: der Broadway-Show „The Band’s Visit“, ein Musical über Vorurteile zwischen Israelis und Ägyptern – eine große Parabel auf die Versöhnung zwischen Völkern. Sehr passend also.

Donnerstag. Der wahrscheinlich emotionalste Tag der Reise. Und der unvergesslichste. Er begann ganz informativ, mit Vorträgen zum Antisemitismus an amerikanischen Universitäten, wo nicht aus der in rechten, sondern in linken Kreisen verbreiteten Israel-Kritik ein gehässiger Antisemitismus entsteht, unter dem jüdische Studenten zu leiden haben. Ein ganz amerikanisches Thema, ganz im Gegensatz zu dem, was folgte. Elf Uhr: Treffen mit Holocaust-Überlebenden Ester Gever, Paula Weissman und Leon Levy. Für den deutschen Durchschnittsakademiker ist eine Beschäftigung mit dem Dritten Reich eigentlich keine Seltenheit: Besuche in Konzentrationslagern, Lektüre der Tagebücher von Opfern, Bücher über Hitler, Fernsehdokumentationen, Spielfilme, Magazingeschichten, Gespräche mit den Großeltern, auch mit Überlebenden in Deutschland, gehören dazu. Und so weiter, und so fort. Aber das Treffen mit Holocaust-Überlebenden in New York war etwas ganz Besonderes. Vielleicht deshalb, weil die Erzählungen so persönlich waren und so schwer. Leon Levy und Ester Gever hatten erst wenige Monaten zuvor den Entschluss gefasst, über ihre Jugend im Zeitalter des Holocausts zu sprechen. Davor hatten Sie über viele Jahrzehnte geschwiegen, nicht gegenüber Bekannten, aber gegenüber der Öffentlichkeit. Als sich diese ominöse Gruppe aus Deutschland ankündigte, gemeint sind wir, war das eine besondere Belastung. Leon Levy schlief mehrere Nächte nicht gut vor unserem Treffen. Und als er uns sah, und das erste Mal seit langer Zeit wieder Deutsch sprach, brach er sofort in Tränen aus. In den Erzählungen merkte man nichts von den siebzig Jahren, die vergangen waren. Alles war unmittelbar, wie eben erlebt. Man könnte nun von all den Entwürdigungen berichten, die unsere Gastgeber zu erleiden hatten, stattdessen soll lieber an zwei der emotionalsten Sätze erinnert werden, die eigentlich positiv waren, und trotzdem fast zu Tränen rührten: Ester Gever, die nach der ganzen Tortur, nach der Ermordung ihrer gesamten Familie, sagte, wie viel ihr heute ihre Urenkel bedeuteten: Die Tatsache, dass jemand überlebt hatte. Dass die Nazis nicht geschafft haben, was sie schaffen wollten. Und Leon Levy, der sagte, wie dankbar er der jungen Bundesrepublik war, dass er dort nach dem Krieg eine Uhrmacherlehre machen durfte. Dankbar – ausgerechnet Deutschland, und noch dazu für etwas Selbstverständliches. Das war ein emotionaler Moment. Weiter ging es zum AJC und dessen Geschäftsführer David Harris. Er sagte, was er später auch in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb: Dass Deutschland standhaft sein müsse, von Einwanderern die Einhaltung seiner Werte einzufordern – womit auch ein Bekenntnis gegen Antisemitismus gemeint sei. Es war ein Bekenntnis zu einem Leitkultur-Begriff, der von manchen in Deutschland gerade wegen der deutschen Geschichte abgelehnt wird. Harris begründete ihn aber gerade mit der deutschen Geschichte und als Sohn von Holocaust-Überlebenden. Er begründete ihn auch mit den Erfahrungen Amerikas als Einwanderungsland. Am Abend folgte ein Empfang von Alumni des Austauschprogramms in der noblen Upper West Side.

Freitag, Frühstück mit Norbert Lammert, ein kurzer Erfahrungsaustausch unter deutschen Amerika-Reisenden: Lammert, ganz unverändert seit seiner Zeit als Bundestagspräsident, berichtete kurzweilig von Gesprächen mit amerikanischen Politikern. Wir berichten von unseren Eindrücken. Sie glichen sich: Trump als Gefahr für die transatlantische Partnerschaft. Die immer dringlicher werdende Notwendigkeit, Europas Sicherheit selbst zu organisieren. Und: Die generelle Unmöglichkeit mit einem an innenpolitischen Effekten interessierten Präsidenten zu verhandeln. Mit diesen Erkenntnissen fuhren wir im Zug nach Boston. Dort: ein Vortrag über jüdisches Leben in Amerika, Besuch einer Synagoge, das erste Mal Kippa tragen. Der Rabbiner sagte zu uns: Deutschland sei wegen seiner Rolle in der Flüchtlingskrise die moralische Führungsnation der Welt. Und: „Ich schaue auf zu Euch.“ Ein ganz unerwarteter Satz auf einer Reise eines Austauschprogramms, dessen Bezüge in der historischen Schuld von Deutschen begründet sind. Am nächsten Tag steigen wir in das Flugzeug zurück nach Deutschland. Es ist der 14. Juli 2018. Trump twittert, er werde morgen Wladimir Putin in Helsinki treffen. Und irgendetwas über Deutschlands Wehretat und das Zweiprozentziel der Nato.

Was bleibt? Das größte Kompliment für das Austauschprogramm der Adenauer-Stiftung passt wahrscheinlich in einen Satz: Dass es in nur einer Woche bleibende Erinnerungen schafft, die aus dem Trott der wabernden Nachrichtenströme und Alltagserfahrungen für immer herausstechen. Amerika ist nicht Trump, und jüdisches Leben dort ist so vielfältig wie das ganze Land.

Justus Bender


KAS-AJC-Alumni-Netzwerk beim Global Forum 2018 in Jerusalem

Das Global Forum 2018 des American Jewish Committee (AJC) fand anlässlich des 70. Jubiläums der Gründung des Staates Israels im Juni (10.-13.6.) in Jerusalem statt. Im Mittelpunkt des Global Forum 2018 standen die Solidarität des AJC mit Israel und der Dialog zwischen den Religionen.

Hochrangige Politiker wie Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz und der bulgarische Ministerpräsident Boyko Borissov sprachen auf der viertägigen Konferenz. Antisemitismus, die Rolle Israels in den Medien, das Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern und die Iran-Politik der Europäischen Union waren Themen von Podiumsdiskussionen. Tagesbesuche brachten die Konferenzteilnehmer zu 18 verschiedenen Orten in Israel, wo sie sich unter anderem über Innovation, interreligiösen Dialog, Immigration und Terrorismusbekämpfung informierten.

Unter den 2.400 Teilnehmern am Global Forum aus 60 Ländern waren auch vier Mitglieder des KAS-AJC-Alumninetzwerkes: Dr. Kristina Eichhorst, Peter Gräve, Silke Stallkamp und Dr. Christopher Verlage sind ehemalige Teilnehmer des Austauschprogramms, das die Konrad-Adenauer-Stiftung seit über 35 Jahren mit dem AJC durchführt. Dabei sind ausgewählte Young Professionals aus Deutschland zu Gast beim AJC in den USA. Vor Ort informieren sie sich über jüdisches Leben in den Vereinigten Staaten und treffen mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde zusammen.

Für die Alumni war das Global Forum 2018 eine einmalige Gelegenheit, aktuelle Aspekte amerikanisch-jüdischer Interessensvertretung mit besonderem Fokus auf den Staat Israel kennenzulernen. Faszinierend waren nicht nur die Einblicke in die einzigartigen interreligiösen Orte Jerusalems, sondern vor allem auch die Möglichkeit, mit Vertretern der verschiedenen regionalen AJC-Gruppen über aktuelle außen- und sicherheitspolitische Themen zu debattieren. Dies bot die Chance, neue Perspektiven einzunehmen und hat einen besonderen Wert dieser Reise ausgemacht.


Mitgliederversammlung 2017

Unsere nächste Mitgliederversammlung findet am 11. Dezember 2017 in der EWE-Repräsentanz Berlin statt. Im Anschluss an unsere Mitgliederversammlung möchten wir in diesem Jahr die zurückliegenden Bundestagswahlen zum Anlass nehmen, um über politische Schlussfolgerungen aus dem Wahlergebnis zu diskutieren. Wir freuen uns sehr über die Zusagen von Düzen Tekkal, Journalistin und Menschenrechtsaktivistin, Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Committee Berlin Office und Lawrence and Lee Ramer Institut für Deutsch‐Jüdische Beziehungen und Michael Thielen, Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die Diskussion moderieren wird unser Netzwerk-Mitglied Alexander-Georg Rackow, Politik-Redakteur beim Focus. Im Anschluss wollen wir den Abend bei einem gemütlichen Get-together gemeinsam ausklingen lassen.

Die offizielle Einladung und Tagesordnung ist den Mitgliedern des Netzwerks per E-Mail zugegangen.

Zur Anmeldung


Vom 4. Bis 6. Juni 2017 fand in Washington D.C. das AJC Global Forum statt.

Schwerpunktthemen waren politische, kulturelle und wirtschaftliche Themen. Zweieinhalb Tage lang kamen die rund 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Teilen der Welt in unzähligen Foren und Workshops sowie im Hauptplenum zusammen, um zu diskutieren. Eine große Ehre für den Alumni-Verein von KAS und AJC, auch dieses Jahr wieder mit einem Vertreter vor Ort sein zu dürfen. Hochrangige Referenten aus aller Welt wie der Außenminister Österreichs, Alexander Kurz, Zyperns Präsident Nicos Anastadiades oder Singapurs Außenminister Vivian Balakrishnan gehörten zu den Rednern.

KAS-AJC-Alumni-Reception im Rahmen des Global Forum 2017 in Washington

Von besonders hohem Interesse: die anstehenden Wahlen in Europa – auch in Deutschland. Die Sympathien für Bundeskanzlerin Angela Merkel waren offensichtlich. Besonders zum Ausdruck kam mit Blick auf Europa die Sorge nach einem verstärkt um sich greifenden Rechtspopulismus. Auch der stärker werdende Antisemitismus und die Lebenssituation jüdischer Familien, die in einzelnen Ländern wie Frankreich besonders unter Druck gerät, wurde thematisiert. Hier kann und sollte es auch künftige Aufgabe und Verpflichtung des KAS/AJC-Alumni-Vereins sein, sich an der Sensibilisierung für die Thematik und an der Bekämpfung von Antisemitismus zu beteiligen.

Ein Highlight des Global Forums: das Zusammentreffen mit Rabbi Rosen, ein unbeirrter und leidenschaftlicher Kämpfer für den Dialog zwischen den Religionen. Keine leichte Aufgabe insbesondere angesichts der Vorurteile und teilweise Hasserfüllung gegen Juden insbesondere seitens der muslimischen Welt. Kurz zuvor war er bereits Hauptredner einer Religionskonferenz im Auswärtigen Amt in Berlin gewesen – umso erfreulicher ihn in Washington erneut erleben zu dürfen.

Der schönste Programmpunkt: das Zusammentreffen der Alumnis des KAS/AJC-Austausches am Rande des Global Forums. Es war ein herzliches Wiedersehen mit Alumnis aus den verschiedensten Jahrgängen, dem Förderer des Austausches, Tony Meyer, und bekannten Gesichtern aus den AJC-Büros in den USA und Europa. Hauptgesprächsthema: der in diesem Jahr erstmalig stattgefundene Austausch von KAS/AJC mit Israel. Die Teilnehmenden kamen zur Hälfte aus den USA und aus Deutschland. Beim KAS/AJC-Alumni-Empfang überbrachte ich auch die Bitte unseres Vorstands nach einem organisierten Alumni-Netzwerk in den USA. Ziel ist die Möglichkeit, den Austausch über die Netzwerke auf beiden Seiten weiter mit Leben zu füllen und hierfür konkrete Ansprechpartner auf der anderen Seite des großen Teichs zu haben.

Fazit: Das AJC Global Forum ist ein herausragendes Beispiel aktiven jüdischen Lebens weltweit. Es ist an uns, dem Alumni-Verein, die Zeichen der Freundschaft und Versöhnung weiter in die Zukunft zu tragenDie nächste Gelegenheit ist das nächste AJC Global Forum 2018, das anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung Israels in Jerusalem stattfinden wird.

Ich danke dem AJC-Berlin, speziell Deidre Berger, und der Konrad Adenauer Stiftung für die Teilnahme.

Bericht: Birga Köhler


Bericht KAS-AJC-Austausch 2017

Nach einem Vorbereitungstreffen mit Dr. Gerhard Wahlers von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Committee (AJC) in Berlin, am 4. Juli 2017 in Berlin, welches zur Programmbesprechung diente, ein näheres Kennenlernen ermöglichte und Hinweise zur Reisevorbereitung bereithielt, trafen sich die Teilnehmer des 37. KAS-AJC-Austausches – nach Anreise der Teilnehmer aus unterschiedlichen Orten – am 9. Juli 2017 am Flughafen Frankfurt, um von dort aus gemeinsam nach Washington, D.C., zu reisen.

Das Programm, welches bis zum 16. Juli 2017 ging, begann unmittelbar nach der Ankunft im Hotel durch ein Briefing von AJC und KAS. Der Gruppe wurde ein volles Programm mit berührenden Gesprächen, engagierten Diskussionsrunden, spannenden Museumsbesuchen und Begegnungen in Gemeinden und Privathäusern geboten. So besuchte die Delegation zu Beginn des Programms in Washington das United States Memorial Holocaust Museum. Der Gruppe wurde, obwohl vieles aus dem Geschichtsverständnis bereits bekannt war, einmal mehr das Grauen der systematischen Vernichtung der Juden Europas vor Augen geführt. Darauf aufbauend ergaben sich in den folgenden Tagen viele Gespräche mit verschiedenen jüdischen Organisationen, die die aktuellen Entwicklungen, insbesondere hinsichtlich eines anhaltenden Antisemitismus, erläuterten. Dabei wurde auch die neue US-Administration unter Präsident Donald Trump ausgiebig beleuchtet. Sowohl beim Besuch im US-Kongress mit dem demokratischen Abgeordneten Ted Deutch (Co-Leiter der deutsch-amerikanischen Freundschaftsgruppe), beim Empfang des KAS-Büros in der US-Hauptstadt, wie auch bei sehr erhellenden Diskussionen mit führenden Vertretern von Think Tanks (u.a. Freedom House und American Enterprise Institute) kamen Trump und seine ersten Monate im Amt immer wieder zur Sprache. Doch stets ging es bei den Gesprächen auch um die Themen Medien, Migration und die allgemeine politische Situation in den USA, Deutschland bzw. Europa und Israel. Bei den traditionellen privaten Abendessen bei AJC-Mitgliedern zu Hause (sog. Home Hospitalities), die einen ganz besonderen Rahmen zum persönlichen Austausch boten, wurde zudem – neben den Einschätzungen der politischen Entwicklungen – ganz besonders das jüdische Leben in den USA besprochen.

Einen berührenden und emotionalen Höhepunkt der Reise stellte die Begegnung mit Holocaust-Überlebenden in New York City dar. Die drei Frauen, mit denen das Gespräch geführt wurde, machten mit ihren Lebensgeschichten deutlich, wie sehr es sich lohnt und wie notwendig es ist, den Austausch und die Aussöhnung zu pflegen und ein deutliches Zeichen gegenüber jeder Art von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Nachhaltig in Erinnerung blieb vor allem das Gefühl der Lebensfreude, das die drei Frauen eindrucksvoll vermittelten. Ein Besuch im Tenement Museum, der inhaltliche Austausch mit AJC-Vertretern sowie Einblicke in die Arbeit des Leo Baeck Institute rundeten einen tiefgehenden Blick in das jüdische Leben von New York City ab.

In St. Louis wurde der Gruppe zum Abschluss der Reise die Gastfreundschaft des Mittleren Westens geboten. Die eindrucksvolle Darstellung des jüdischen Lebens (Besuch der United Hebrew Congregation und des Jewish Community Centre) ließ erahnen, wie sehr die jüdische Gemeinschaft in die amerikanische Gesellschaft integriert ist. St. Louis bot darüber hinaus mit dem berühmten St. Louis Arts Museum nicht nur kulturell eine beeindruckende Erfahrung, sondern hielt erneut ein emotionales Highlight bereit: Der Schabbat-Gottesdienst am Freitagabend mit anschließendem Schabbat-Dinner in privater und familiärer Atmosphäre war ein Beispiel an Gastfreundschaft, das die Teilnehmer sicher nicht so leicht vergessen werden.

Die Ziele des seit nunmehr 37 Jahren stattfindenden Programms – das Leben der jüdischen Gemeinschaft in den USA in ihrer Vielfalt kennenzulernen, den Dialog zwischen den Kulturen zu fördern und das Interesse an den transatlantischen Beziehungen aufrecht zu erhalten – sind aktueller denn je. Dem Austauschprogramm des AJC und der KAS ist auch in diesem Jahr wieder eindrucksvoll gelungen, Menschen dies- und jenseits des Atlantik einander näher zu bringen. Dabei gebührt allen Teilnehmern der Dank für eine aktive Unterstützung einer positiven Gruppendynamik sowie ganz besonders den Unterstützern des Programms in Deutschland und den USA.

KAS-AJC-Austausch 2017


Bericht KAS-AJC-Austausch 2016

KAS-AJC-Austausch 2016

KAS-AJC-Austausch 2016

Paula ist 93 Jahre alt. Jahrzehntelang hat sie nicht darüber gesprochen, was ihr als Mädchen widerfahren ist. Nun sitzt sie mit drei anderen Frauen ihres Alters vor unserer Gruppe und soll davon berichten, wie sie als Jüdin den Holocaust überlebt hat. Ihre Stimme ist fest, trotzdem merkt man, wie schwer es ihr fällt, in die Geschichte zurückzugehen und sich daran zu erinnern, wie sie bei der Ankunft in Auschwitz von ihrer Familie getrennt wurde und später in Bergen-Belsen versuchte, ihrer Ermordung zu entgehen. Es sind diese Momente der Erzählungen, die das Wissen um die schrecklichen Ereignisse von damals authentisch machen. Aber trotz all des unfassbaren Leids, das Nazideutschland über ihre Familien gebracht hat, das Deutschland von heute sehen die vier Frauen mit Vergebung. Ihre eindringliche Bitte an alle nachfolgenden Generationen: Die Dinge sind passiert, wir können sie nicht ungeschehen machen – aber tun Sie alles dafür, dass dies nie wieder geschieht!

Diese Begegnung mit Überlebenden des Holocaust war einer der emotionalen Höhepunkte des diesjährigen USA-Austauschprogramms, organisiert vom American Jewish Commitee (AJC) und der Konrad-Adenauer-Stiftung. Vom 10. bis 17. Juli besuchten 15 deutsche Führungskräfte Washington, New York und Dallas. Ein volles Programm mit berührenden Gesprächen, engagierten Diskussionsrunden, spannenden Museumsbesuchen und vielem mehr. Ziele des seit 36 Jahren stattfindenden Programms sind, das Leben der jüdischen Gemeinschaft in den USA in ihrer Vielfalt kennen zulernen, den Dialog zwischen den Kulturen zu fördern und das Interesse an den transatlantischen Beziehungen zu fördern. All dies ist dem Programm – dank der hervorragenden Organisation – auch diesmal wieder sehr gut gelungen.

In Washington besuchte die Gruppe das Holocaust-Museum. Geführt von einem jungen Deutschen und einem Österreicher, die beide ein Soziales Jahr im Museum leisten, wurde uns einmal mehr das Grauen der systematischen Vernichtung der Juden Europas vor Augen geführt. Wie dies noch heute aufgearbeitet wird und welche Rolle leider nach wie vor antisemitische Strömungen in den USA und anderen Ländern spielen, erfuhren wir im Gespräch mit verschiedenen Jüdischen Organisationen im AJC-Büro. Selbstverständlich nahm auch der bevorstehende Präsidentschaftswahlkampf in den Begegnungen einen besonderen Stellenwert ein. Sowohl beim Besuch im Außenministerium, beim Empfang des KAS-Büroleiters in der US-Hauptstadt, Dr. Lars Hänsel, wie auch bei der sehr erhellenden Diskussion mit vier ehemaligen Kongress-Abgeordneten (je zwei Demokraten und Republikaner) kam das Thema zur Sprache. Auch bei den nun schon traditionellen privaten Abendessen bei AJC-Mitgliedern zu Hause wurden die Eigenheiten und Unterschiede der beiden Kandidaten Hillary Clinton und vor allem Donald Trump im kleinen Kreis besprochen.

In New York  erfuhr die Gruppe in der Sutton Place Synagoge zahlreiche Details über das gegenwärtige jüdische Leben in den USA. Rund 6,8 Millionen Juden unterschiedlicher Richtungen leben heute in den Vereinigten Staaten. Allein in New York sind es mehr als zwei Millionen – damit hat die Stadt die weltweit größte jüdische Bevölkerung außerhalb Israels. Im Tenement Museum erlebte die Gruppe am Beispiel deutscher Einwanderer und mit einem beeindruckenden modernen Museumskonzept, wie sich die Gesellschaft im 19. Jahrhundert durch die vielfältigen kulturellen Einflüsse der Emigranten veränderte. Um die geschichtlichen Grundlagen und Kultur des Judentums ging es dann beim Besuch des Jüdischen Museums und speziell im renommierten Leo Baeck Institut um die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der deutschsprachigen Juden. Nicht zu vergessen: Der liebenswürdige Empfang in der Privatwohnung von Anthony Meyer, Co-Vorsitzender des AJC Berlin, und der stimmungsvolle Tagesabschluss im Blue Note Jazz Club.

Ein Kontrastprogramm zum etablierten Washington und New York erlebten wir im fast 40 Grad heißen Dallas. Ob BBQ mit gegrillten Fleischbergen und leckeren Zwiebelringen oder Stockyards Rodeo vor eindrucksvoller Kulisse – das sehr engagierte AJC-Büro Dallas hatte die Besonderheiten von Texas geschickt im Programm integriert. Neben dem Besuch des George W. Bush Präsidenten-Museums und des Sixth Floor Museums, in dem die Historie des tödlichen Attentats auf Präsident John F. Kennedy aufbereitet ist, bot Dallas auch den zweiten emotionalen Höhepunkt der Reise. Der Sabbat-Gottesdienst in der größten Synagoge der Südstaaten am Freitagabend war für viele eine spirituelle Erfahrung. Die Mischung aus Gesang, Gebeten und einer außergewöhnlich liberalen Predigt zeigte auf wunderbare Art den Zusammenhalt und den Gemeinschaftssinn der jüdischen Gemeinde.

Sieben vollgepackte Tage in den USA liegen nun hinter uns – mit Erlebnissen und Erkenntnissen, die für immer im Gedächtnis bleiben. Kurz gesagt: Es war klasse! Herzlichen Dank dafür an das ACJ und die Konrad-Adenauer-Stiftung. Wenn es dieses wunderbare Programm noch nicht gäbe, es müsste dringend erfunden werden. Auch angesichts zunehmender antisemitischer Ereignisse und Äußerungen in Deutschland ist es überaus wichtig, sich immer wieder sowohl mit der Kultur und Geschichte des Judentums wie auch vor allem mit dem Holocaust zu beschäftigen – damit so etwas nie wieder geschehen kann.

Hendrik Sittig

Referent Programmdirektion Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und ehem. Mitarbeiter im KAS-Büro Moskau


AJC GOLBAL FORUM 2016

Das diesjährige GLOBAL FORUM des AJC stand ganz im Zeichen des 110. Gründungsjahres der Interessenvertretung amerikanischer Juden. 1906 als Reaktion auf russische Pogrome gegründet, stand und steht das American Jewish Committee wie keine andere Organisation für den Einsatz gegen Antisemitismus, aber auch gegen Diskriminierung allgemein. Und das AJC setzt sich seit nunmehr 110 Jahren vehement für den Dialog und den Abbau von Vorurteilen ein, zwischen Christen und Juden, zwischen Muslimen und Juden, zwischen den Völkern insgesamt. Leitbild dabei ist immer die Einsicht, dass um Freunde zu haben, man selber Freund sein muss. Die jüdischen Gemeinden weltweit können nur mit Partnern zusammen Einfluss haben und Ziele erreichen.

In diesem Jahr konnte das im April 2015 gegründete KAS-AJC-Alumni Netzwerk zum zweiten Mal an dieser „Vollversammlung des jüdischen Lebens“ teilnehmen. Im Programm fand sich mit der Reunion der Alumni ein eigener Veranstaltungspunkt. Es bot sich damit eine gute Gelegenheit, den rund 30 versammelten Ehemaligen des Austauschprogramms, das Netzwerk vorzustellen und auch auf die Aktivitäten hinzuweisen. Schwerpunkt war dabei für die geplante Israel-Reise im November zu werben. Ziel des Netzwerks auf deutscher Seite ist es, eine 50:50 Beteiligung von deutschen und amerikanischen Alumni an dieser Fahrt zu erreichen. Die Idee stieß bei einigen, gerade auch noch jüngeren Alumni, durchaus auf Interesse. Tony Meyer vom AJC-Vorstand sagte seine Unterstützung für eine gezielte Ansprache bei AJC Alumni zu.

Eröffnet wurde das GLOBAL FORUM durch einen umfassenden Impuls-Vortrag von Yossi Klein Halevi, israelischer Journalist und Autor. Angesichts des 49. Jahrestags des Ausbruchs des Sechs-Tage-Kriegs wies Halevi auf Parallelen und Unterschiede zwischen 1967 und 2016 hin. Vor 49 Jahren sei es um die Existenz Israels gegangen, und auch 2016 seien Israel und Juden weltweit immer noch vielfältigen Gefahren ausgesetzt, sei es durch den Iran, oder einen  wachsenden Antisemitismus in Europa. Zugleich stelle sich aber auch die Frage nach der Rolle Israels im Nahen Osten. Halevi machte deutlich, dass die Besetzung palästinensischer Gebiete enden müsse, die westliche Gleichung aber nach der das Ende der Besetzung automatisch Frieden bringe, zu simpel und letztlich auch falsch sei. Angesichts von Hisbollah und Hamas sei Israel keine „Insel im Süd-Pazifik“. Israel und die Juden weltweit stehen nach Halevis Ansicht vor zwei großen internationalen Herausforderungen: 1. Die Infragestellung des jüdischen Narrativs, also der Gründung des Staates Israel und die Idee des Zionismus und 2. das Verhältnis zur islamischen Welt. Er forderte eine neue Offensive um die Existenz Israels zu rechtfertigen. Er sehne sich nach einem Geist der Einigkeit, einem unbedingten Einsatz für Israel trotz vielfacher Diskussionen innerhalb des jüdischen Volkes. Diese Meinungsverschiedenheiten dürften aber den Feinden Israels nicht als Angriffspunkt für ihre Propaganda dienen.

Auch im Verhältnis zu Muslimen dürfe Israel nicht gespalten sein. Gerade in Amerika müssten Juden und Muslime miteinander ins Gespräch kommen. Halevi warnte sowohl vor der Unter- als auch der Überschätzung der Gefahren durch den radikalen Islam. Neben ISIS drohten zweifelsohne Gefahren für Israel durch die Hisbollah, die Hamas und die Muslim Bruderschaft. Aber diejenigen, die nun alle 1,7 Milliarden Muslime weltweit für eine Bedrohung jüdischen Lebens weltweit hielten, seien „falsche Verteidiger Israel“ und müssten zurückgewiesen werden. In ihrem Gefühl bedroht und ausgestoßen zu sein, seien amerikanische Muslime auf der Suche nach Partnern. Es gebe eine grpße Chance, einen guten und fruchtbaren Dialog zwischen amerikanischen Juden und Muslimen zu führen, als Vorbild für andere Regionen der Welt.

In der anschließenden Diskussion mit den Journalisten Jeffrey Goldberg, Julia Ioffe und dem Vorsitzenden des Council on Foreign Relations, Richard Haass  warnten die Teilnehmer vor den Gefahren des Isolationismus. Ein Rückzug Amerikas aus Europa, dem Nahen Osten und Asien würde nur zum Füllen der Lücke durch Russland, Iran oder China führen, warnte etwa Richard Haas.

Er sah zugleich eine reale Gefahr für den Zerfall der EU. „Auch Europa ist keine Konstante mehr“. Angesichts der Aussicht auf einen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump wies Goldberg darauf hin, wie verrückt die Welt innerhalb der vergangenen 25 Jahre geworden sei. „Wenn 1990 jemand gesagt hätte, der Kreml werde sich einmal für einen Republikaner als Präsidentschaftskandidaten stark machen, hätte das niemand geglaubt.“

Mit der Auszeichnung der Jessidin und irakischen Parlamentsabgeordneten Vian Dakhil mit dem AJC Moral Courage Award wurde bereits am ersten Tag des GLOBAL FORUM ein Höhepunkt gesetzt. In einer sehr ergreifenden Rede wies sie auf das Schicksal der Religionsgemeinschaft der Jessiden im Irak hin. Die Terrororganisation Islamischer Staat verübe furchtbare Massaker an den Jessiden und es werde immer noch viel zu wenig getan, um das Morden zu beenden, beklagte Dakhil.

Die Gefahren durch ISIS waren auch Thema zahlreicher anderer Diskussionsveranstaltungen. Klare Worte fand dazu etwa Saad Amrani von der Brüsseler Polizei. Er warnte eindringlich vor den Langzeit-Gefahren, die auch nach einem militärischen Sieg über ISIS im Irak für Europa weiter existierten. Das Frustrationspotenzial sei enorm. Allein in Frankreich gäbe es rund 400 Molenbeeks, also Viertel wie in Brüssel, in denen die Attentäter von Paris und Brüssel wohnten und lebten. Der Schlüssel für ein Ende der Gewalt und der Terrorsehnsucht unter jungen Muslimen in Europa sei die Teilhabe am wirtschaftlichen Leben und Erfolg. Mehrheitlich sei es die Perspektivlosigkeit einen Job zu finden, die Jugendliche anfällig für den ISIS machten.

Amrani sprach sich zugleich für „eine neue Ehrlichkeit in der Gesellschaft“ aus. Jahrzehntelang habe man die sich schon abzeichnenden Probleme zwischen Muslimen und der Bevölkerung ignoriert oder schön geredet.

Der Brüsseler Polizeichef war auch Gast beim von Deidre Berger vom AJC Berlin moderierten Panel „Does Europe have a future?“. Die Antwort fiel überwiegend negativ aus. Neben Amrani äußerte sich auch Douglas Murray, Brexit-Befürworter und Associate Director der Henry Jackson Society, sehr skeptisch, was die Zukunft Europas angeht. Beide warnten vor Naivität im Umgang mit Islamisten und zeichneten das Bild eines Europas, in dem die Juden bedroht seien, weil sie ihre Identität bewahrt hätten und lebten. Eine Integration von Muslimen und Flüchtlingen fände bislang nicht statt und würde zwangsläufig zu Konflikten führen.

Auch der grundsätzlich pro-europäische Pole Konstanty Gebert vom European Council on Foreign Relations gab zu Bedenken, dass Europa sich seiner Werte derzeit nicht bewusst sei.

Highlights auf diesem GLOBAL FORUM waren aber auch vor allem die Großveranstaltungen bzw. großen Plenarsitzungen. So wurde die neueste Initiative des AJC „Mayors United Against Anti-Semitism groß gewürdigt. Über 80 Bürgermeister großer und mittlerer Städte in den USA aber auch in Europa haben den Aufruf und Beschluss gegen Anti-Semitismus zu kämpfen inzwischen unterschrieben. Der britische Labour Abgeordnete John Mann hielt ein flammendes Plädoyer für die Aktion. Eindrucksvoll war auch die Rede von US-Sicherheitsberaterin Susan Rice. Sie war ein klares Statement der unzerbrechlichen Freundschaft zwischen den USA und Israel. Israel sei nicht allein, wenn die Hamas Tunnel grabe um Israelis zu entführen und zu ermorden. Israel sei nicht allein, wenn die UN Israel versuche zum Sündenbock zu machen, Israel sei nicht allein wenn ihm das Existenzrecht abgesprochen werde. Präsident Obama sei ein entschiedener Befürworter und Freund Israels, so Rice.

Dies zeige sich sowohl in den militärischen Anstrengungen der USA zugunsten Israels als auch das intensive Bemühen, den Friedensprozess vorwärts zu bringen und sich für die Zwei-Staaten-Lösung einzusetzen. Sie beendete ihre Rede mit den Worten Theodor Herzls „Wenn Du etwas wirklich erreichen willst, ist es kein Traum mehr“.

Die 110-jährige Geschichte des AJC zeigt, dass dieses Zitat sich auch hier bewahrheitet hat. Die Gründungsväter des American Jewish Committee wollten dem amerikanischen Judentum eine Stimme geben, um sich für Juden weltweit und letztlich für alle Unterdrückten einzusetzen. Das haben sie erreicht. Der AJC und sein alljährliches GLOBAL FORUM sind ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie bedeutend die Organisation ist und wie sie sich als Stimme durchsetzt.

Das GLOBAL FORUM mit seinen in diesem Jahr über 2600 Teilnehmern ist für das KAS-AJC Alumni Netzwerk eine wichtige Veranstaltung, um sich sowohl zu präsentieren im Chor der vielen AJC-Stimmen als auch um sich Input zu wichtigen Themen und Anregungen für eigene Diskussionen zu holen. Es bietet sich die einzigartige Gelegenheit mit unterschiedlichsten Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft und den jüdischen Gemeinden Amerikas und der Welt zusammenzukommen und sich auszutauschen. Das Netzwerk ist dabei ein kleiner, aber sicherlich guter Teil, Deutschlands stetes Bemühen, Israel und das jüdische Leben zu unterstützen, nach außen zu kommunizieren. Das 36 Jahre alte Austauschprogramm von Konrad Adenauer Stiftung und AJC wird selbst auf einer so großen Veranstaltung wahrgenommen und gewürdigt und mit dem Netzwerk gibt es seit 2015 eine großartige Gelegenheit, das Momentum und die Inspiration der einen Woche Austausch weiterzutragen und die Werte und Ideale des Austauschs weiterzutragen.

Jens Teschke, Mitglied des Vorstands


Mitgliederversammlung mit feierlichem Get-together

Am 24. September fand nach der konstituierenden Gründungsversammlung die erste satzungsgemäße Mitgliederversammlung des KAS-AJC-Alumni-Netzwerks statt.

Neben einem Bericht des Vorstands zu den Tätigkeiten seit der Gründung und einer Diskussion über die zukünftige Ausrichtung und Schwerpunktlegung des Netzwerks standen auch die ersten turnusmäßigen Wahlen des Vorstands an. Der Gründungsvorstand bestehend aus Niklas Möring, Dr. Kristina Eichhorst, Ole Wulff, Danny Freymark MdL und Jens Teschke wurde geschlossen für eine weitere Amtszeit von zwei Jahren bestätigt.

Höhepunkt der Mitgliederversammlung war ein Vortrag von Prof. Dr. Josef Thesing zur Entstehungsgeschichte des Austauschprogramms zwischen Konrad-Adenauer-Stiftung und dem American Jewish Committee, das er als stellvertretender Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung entscheidend mitgestaltet hat. Als Würdigung für diese Verdienste verlieh der Vorstand Prof. Thesing die Ehrenmitgliedschaft des Netzwerks.

Bei einem anschließenden Get-together in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin berichtete Dr. Michael Borchard, Repräsentant der Stiftung in Israel, über aktuelle Entwicklungen im Nahen Osten.


Einladung Mitgliederversammlung

Am 24. September 2015 findet um 18.00 Uhr in der Akademie der Konrad‐Adenauer‐Stiftung, Tiergartenstraße 35, 10785 Berlin unsere erste satzungsgemäße Mitgliederversammlung an, zu der wir alle Mitglieder des Netzwerks sehr herzlich einladen. Wir wollen die Möglichkeit nutzen, mit allen Mitgliedern Ideen und Impulse für unsere gemeinsame Arbeit zu diskutieren und weitere Weichen für die Zukunft unseres Netzwerks zu stellen. In diesem Zuge stehen nach der Gründungsversammlung auch die nächsten Vorstandswahlen an, denen sich der gesamte Gründungsvorstand erneut stellt. Die vollständige Tagesordnung wurde an die Mitglieder versandt – bei Fragen wenden Sie sich gerne an info@kas-ajc-alumni.org

Im Anschluss an die MItgliederversammlung findet ab 20 Uhr unser Alumni-Get-Together statt, zu dem wir neben den Mitgliedern des Netzwerks auch alle anderen Alumni sehr herzlich einladen. Dr. Michael Borchard, Vertreter der Konrad‐Adenauer‐Stiftung in Israel, wird unter der Fragestellung „Nichts Neues im Nahen Osten?“ über die aktuelle Lage in seinem Einsatzland berichten.

Bitte melden Sie sich online zu der Veranstaltung an. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Veranstaltung nur Mitgliedern des KAS-AJC-Alumni-Netzwerks und Ehemaligen des KAS-AJC-Austauschprogramms offen steht.

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