AJC ACCESS Summit und Global Forum 2015


icon175x175Wie sicher ist jüdisches Leben in Europa, wie sicher in Deutschland? Diese Frage schwang in diesem Jahr bei zahlreichen Diskussionen auf dem AJC ACCESS Summit und Global Forum in Washington D.C. mit. Angesichts großer Jubiläen in den Deutsch-Amerikanisch-Jüdischen Beziehungen, vom Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Shoah vor 70 Jahren oder dem 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel bis hin zu 25 Jahren Wiedervereinigung, richtete das American Jewish Committee vom 5. bis 9. Juni den Fokus in zahlreichen Panels und Diskussionen verstärkt auch auf Europa und Deutschland.

Thematisch reichten die Diskussionen dabei von der wachsenden Bedeutung Deutschlands in der internationalen Politik im Hinblick auf das iranische Atomprogramm, eine Zweistaatenlösung oder Deutschlands Umgang mit einem zunehmenden – auch islamistisch geprägten – Antisemitismus. Die über 2000 Teilnehmer aus über 70 Ländern diskutierten dabei teilweise überaus kontrovers die Gefahren durch den Antisemitismus in der Gesellschaft.

Zwar betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Videobotschaft die historische Verantwortung Deutschlands, sich immer gegen Antisemitismus und gegen Rassismus zu wenden. Aber: die Sorgen innerhalb der jüdischen Gemeinschaft – dies zeigten zahlreiche Beiträge auf der Konferenz – nehmen zu. Und dies trotz starker Reaktionen von Politik und Zivilgesellschaft auf die antisemitischen Angriffe in Europa, die zeigen, wie deutlich die Mehrheit jegliche Form von Antisemitismus und Rassismus ablehnt.

Die Auszeichnung von Lassana Bathily, Dan Uzan und Zidan Seef mit dem AJC Moral Courage Award haben viele Kongressteilnehmer bewegt, ihre Geschichten sie gleichzeitig aber in ihren Sorgen bestätigt: Bathily, der bei einem Anschlag auf einen jüdischen Supermarkt in Paris mit seinem selbstlosen Einsatz 15 jüdische Kunden rettete; Seef, der als Polizist in Jerusalem bei einem Anschlag auf eine Synagoge im November 2014 sein Leben bei dem Versuch verlor, das Leben anderer zu schützen; Uzan, der in Dänemark Opfer eines tödlichen antisemitischen Anschlags wurde, als er eine Bar Mitzwa Feier bewachte – der couragierte und selbstlose Einsatz dieser drei war eine Reaktion auf antisemitische Angriffe und Morde im Herzen Europas.

Nicht zuletzt wegen dieser drei rassistisch und antisemitisch motivierten Taten mehren sich die besorgten Stimmen, Juden in Europa sollten dem Ruf des Israelischen Premierministers Netanjahu folgen und nach Israel auswandern, bevor es dafür zu spät sei. Mehrfach wurde der Vergleich der jetzigen Bedrohungslage jüdischen Lebens in Europa mit der der 1930er Jahre in Deutschland gezogen. Dies wurde unter anderem vom deutschen Botschafter Peter Wittig als problematisch und wenig legitim zurückgewiesen. Allein, dass der Vergleich mehrfach gezogen wurde, unterstreicht die großen Sorgen vieler Juden in Europa.

Die Direktorin des AJC Ramer Instituts in Berlin, Deidre Berger, und ihre Kollegin Simone Rodan-Benzaquen aus Paris verwiesen darauf, wie sehr sich die Rahmenbedingungen heute von denen der 1930er Jahre unterscheiden würden. Deutschland tue sehr viel, um jüdisches Leben und jüdische Einrichtungen zu schützen. Sie verwiesen auf die sehr gute und sehr enge Zusammenarbeit von jüdischen Organisationen, Politik und Zivilgesellschaft. Zahlreiche gemeinsame Projekte trügen zu einer Sensibilisierung bei, nötig sei aber eine breite zivilgesellschaftliche Allianz, um zu zeigen, dass jüdisches Leben in Deutschland nicht in Gefahr sei.

Enge Zusammenarbeit zwischen Konrad-Adenauer-Stiftung und AJC

Dazu beitragen können Kooperationen wie die zwischen der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem AJC, die seit 35 Jahren ein gemeinsames Austauschprogramm verbindet, das im Rahmen des Global Forum gewürdigt wurde.

Dieser Austausch war das erste gemeinsame Projekt einer amerikanisch-jüdischen und einer deutschen Organisation überhaupt und ist in seiner Form einmalig und in seiner Bedeutung für die beiden Träger bis heute ungebrochen groß. Der „Adenauer-Exchange“, wie das Programm in den USA genannt wird, sei ein zentrales Anliegen der Konrad-Adenauer-Stiftung und des AJC, so Dr. Lars Hänsel, Leiter des Washingtoner Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung.

In den vergangenen 35 Jahren haben viele hundert Alumni aus Deutschland und den USA an dem Programm teilgenommen und dabei persönliche Kontakte aufgebaut, durch die das gegenseitige Verstehen gefördert, Vorurteile ab- und Brücken zwischen den beiden Ländern und zwischen verschiedenen Kulturen und auch Religionen aufgebaut werden konnten. Zahlreiche Alumni, die als „young leader“ an dem Programm teilgenommen haben, sind heute als Multiplikatoren und Botschafter des Programms in Wirtschaft und Politik, in Journalismus und Kultur tätig.

Niklas Möring, Vorsitzender des Alumni-Netzwerks und einer der Initiatoren zu dessen Gründung, berichtete im Rahmen des Global Forums von dem Wunsch zahlreicher Alumni, sich im Sinne des Programmes weiter für dessen Ziele zu engagieren. Der Austausch zwischen den Teilnehmern, Ländern und Religionen solle weiter verstetigt und ausgeweitet werden, man wolle eine vernehmbare Stimme zu aktuellen Fragen der wechselseitigen Beziehungen sein und eine aktive Rolle bei ihrer Gestaltung spielen. Zu diesem Zweck habe man Anfang des Jahres ein Alumni-Netzwerk gegründet und sei dankbar dafür, Bundespräsident a.D. Christian Wulff als Schirmherren gewonnen zu haben.

Wulff, 1984 selbst Teilnehmer des Programms, bekräftigte anlässlich der Gründung des Netzwerks im April 2015, dass der „Exchange“ ein „phänomenales Programm“ sei sowie eine „famose Idee, um einander besser kennenzulernen“. „Ich wünsche mir, dass die bis heute 800 Alumni einen aktiven dauerhaften Beitrag für die Verständigung zwischen den Religionen und den Menschen leisten und so für eine bessere Welt sorgen“, so Wulff weiter.